2022

Weltwirtschaft: Inflation und steigende Zinsen bremsen Nachfrage aus

Die Lage der Weltkonjunktur: Eine hohe Unsicherheit infolge des Ukrainekrieges drängte viele Länder Europas zu einer kostspieligen Neuausrichtung ihrer Energieversorgung. Zwar blieb Europa eine tiefe Rezession, ausgelöst durch einen Mangel an Energie, erspart. Dennoch heizten stark steigende Preise für Strom, Erdgas und Öl die ohnehin bestehende Verbraucherpreisinflation weiter an. Weltweit inflationsbedingt rückläufige Realeinkommen in Kombination mit steigenden Zinsen bremsten Konsumnachfrage und Investitionen aus. Chinas Produktion wurde zunächst von Lockdowns im Rahmen seiner Null-Covid-Politik und im November von einer massiven Infektionswelle (nach Abbruch der Null-Covid-Politik) beeinträchtigt. Der Ausblick auf 2023 und 2024 ist weiter stark vom Krieg in der Ukraine belastet.

Weltwirtschaftswachstum*

Tiefergehende Informationen zur Weltkonjunktur erhalten Sie beim Internationalen Währungsfonds im World Economic Outlook.

Die wirtschaftliche Lage Deutschlands wird zweimal jährlich in der Gemeinschaftsdiagnose analysiert.

Ausblick: Im Juli 2023, rund eineinhalb Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, hat sich die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe gemäß ifo weiter verschlechtert. Die aktuelle Lage wurde von den Befragten zum vierten Mal in Folge schlechter als im Vormonat, aber dennoch leicht positiv beurteilt. Gleichzeitig fielen die Erwartungen der Unternehmer pessimistischer aus. Die Unternehmen erhalten immer weniger neue Aufträge. Die Kapazitätsauslastung ging um 1,4 Prozentpunkte auf 83,0 Prozent zurück und lag damit erstmals seit über zwei Jahren unter ihrem langfristigen Durchschnittswert von 83,6 Prozent. Im Bauhauptgewerbe war die Stimmung so schlecht wie seit Februar 2010 nicht mehr.

Außenhandel
der Nichteisen-Metallindustrie

Export 2022 nach Ländern

Die Europäische Union blieb 2022 der wichtigste Absatzmarkt für in Deutschland hergestelltes Rohmetall und Halbzeug. 87 Prozent des Branchenumsatzes, etwa 66 Milliarden Euro, wurden im europäischen Binnenmarkt (einschließlich Deutschlands) erlöst. Von den Exporten der deutschen NE-Metallindustrie gingen 72 Prozent in EU-Partnerländer. In der Europäischen Union stieg das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt 2022 um 3,7 Prozent. Im laufenden und im kommenden Jahr dürfte sich das Wirtschaftswachstum auf ein Prozent beziehungsweise 1,7 Prozent verlangsamen. Der Leitzins verharrte seit März 2016 auf dem seit Einführung des Euro historisch niedrigsten Zinsniveau von 0,00 Prozent bis die EZB im Juli 2022 mit einer ersten Erhöhung des Leitzinses die Zinswende einläutete. Danach wurde der Leitzins schrittweise bis auf 2,5 Prozent Ende 2022 erhöht. Zuletzt lag er im September 2023 bei 4,5 Prozent. Der Euro verlor im Jahresverlauf 2022 gegenüber dem US-Dollar sechs Prozent seines Wertes und lag zum Jahresende bei 1,07 US-Dollar je Euro.

Österreich blieb 2022 der größte Ausfuhrmarkt für die deutsche NE-Metallindustrie. Unser südlicher Nachbar verzeichnete im vorigen Jahr ein Wachstum von fünf Prozent. Der Rohmetall- und Halbzeugexport nach Österreich wuchs um zwei Prozent auf 404.000 Tonnen. Rund 29 Prozent der Auslieferungen waren Rohaluminium sowie 21 Prozent Rohkupfer (einschließlich Kupfergusslegierungen) und Gießwalzdraht.

Nach Italien wurden 344.000 Tonnen NE-Metalle exportiert, ein Prozent mehr als 2021. Davon entfielen 37 Prozent auf Kupferhalbzeug (zum Großteil Gießwalzdraht, Kupferband und Messingstangen) sowie ein Drittel auf Aluminiumhalbzeug (überwiegend Bleche und Bänder) und Aluminiumfolien. Italien spielt mit seiner wettbewerbsfähigen weiterverarbeitenden Industrie seit jeher eine bedeutende Rolle als Absatzmarkt für Halbzeug. Mittlerweile wurden auch elf Prozent Rohkupfer (einschließlich Kupfergusslegierungen) nach Italien geliefert. Die Konjunktur in Italien wies 2022 ein Wachstum von 3,7 Prozent aus. In den folgenden beiden Jahren dürfte die italienische Volkwirtschaft nurmehr Wachstumsraten von 1,1 Prozent beziehungsweise 0,9 Prozent erreichen.

Frankreich blieb 2022 der drittgrößte Auslandsmarkt für Rohmetall und Halbzeug. Im vergangenen Jahr wurden 293.000 Tonnen NE-Metalle nach Frankreich geliefert, zwei Prozent weniger als 2021. Die Exporte nach Frankreich bestanden zu 23 Prozent aus Aluminiumblechen und -bändern, zu 13 Prozent aus Aluminiumfolien und zu 14 Prozent aus Rohaluminium. Bleche und Bänder aus Kupfer und Kupferlegierungen spielten mit einem Anteil von zwölf Prozent ebenso eine wichtige Rolle. Die französische Volkswirtschaft verzeichnete 2022 ein Wachstum von 2,5 Prozent. Für das laufende und das kommende Jahr werden Wachstumsraten von plus 0,8 Prozent beziehungsweise plus 1,3 Prozent erwartet.

Die Vereinigten Staaten lagen 2022 nach wie vor auf Rang neun der Auslandsmärkte für Metall und Halbzeug und blieben zugleich die wichtigste Zielregion außerhalb Europas. Vier Prozent der Branchenexporte gingen dorthin. Mit 146.000 Tonnen im vorigen Jahr waren das 24 Prozent weniger als noch 2021, was auf die aus unserer Sicht unbegründeten Anti-Dumping-Zölle insbesondere gegen deutsche Hersteller von Aluminiumhalbzeug zurückzuführen ist. Die Vereinigten Staaten spielten insbesondere als Absatzmarkt für Halbzeug eine große Rolle. 50 Prozent der Branchenausfuhren stammten aus der Aluminiumindustrie und rund 39 Prozent waren Kupfer- oder Kupferlegierungen. Die Vereinigten Staaten verzeichneten 2022 ein für US-Verhältnisse vergleichsweise schwaches Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent. Maßgeblich hierfür waren höhere Zinsen und rückläufige Realeinkommen, die den privaten Konsum, der zu rund 70 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten beiträgt, ausbremsten. Ausgehend von einem Zinskorridor zwischen 0,00 und 0,25 Prozent erhöhte die US-Notenbank zur Inflationsbekämpfung den Leitzins von März bis Dezember 2022 siebenmal auf einen Zinskorridor zwischen 4,25 und 4,5 Prozent. Zuletzt lag er im Juli 2023 zwischen 5,25 und 5,5 Prozent. Im laufenden Jahr dürfte die US-Wirtschaft um 1,8 Prozent wachsen. 2024 wird ein Wachstum von einem Prozent erwartet.

Das Vereinigte Königreich blieb 2022 der zehntgrößte (2018 der größte) Ausfuhrmarkt für die deutsche NE-Metallindustrie. Der Export in das Vereinigte Königreich brach 2022 um weitere neun Prozent gegenüber 2021 auf 141.000 Tonnen ein. Hingegen wuchs der deutsche Import von dort um 13 Prozent auf 268.000 Tonnen. Ein Großteil der Ausfuhren war Halbzeug – überwiegend Aluminium (67 Prozent). Die britische Wirtschaft wuchs 2022 um 4,1 Prozent. Für das laufende und das kommende Jahr dürfte sich das Wachstum deutlich verlangsamen auf plus 0,4 Prozent beziehungsweise plus ein Prozent.

China hat durch seine enorme Nachfrage nach Rohstoffen (Erzen und Konzentraten), aber auch nach Rohmetallen sowie seinen hohen Anteil an der weltweiten Produktion von Rohmetall und Halbzeug von rund 50 Prozent einen großen Einfluss auf den globalen Metallmarkt. Sorgen bereiten nicht nur die hohen Überkapazitäten in der Aluminiumindustrie, sondern auch die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit in der weiterverarbeitenden Industrie. Deutsche NE-Metall-Unternehmen haben in China investiert, um die Abnehmerbranchen vor Ort zu versorgen. Folglich spielt China für die deutsche Rohmetall- und Halbzeugausfuhr nur eine untergeordnete Rolle. So wurden 2022 gerade einmal 51.000 Tonnen nach China exportiert. Das war sogar annähernd ein Drittel weniger als 2021. Seit 2017 verschärfte China seine Vorschriften für Schrottimporte mehrfach. Gerade minderwertige Schrottqualitäten der Kategorien sechs und sieben sind dort nicht mehr gefragt. Infolgedessen brachen die deutschen Lieferungen von NE-Metallschrotten nach China in den darauffolgenden Jahren immer weiter ein – bis auf 47.000 Tonnen im Jahr 2022. Das ist nochmals 31 Prozent weniger als 2021. Insgesamt fiel China innerhalb von fünf Jahren vom vormals größten Abnehmer für deutschen NE-Metallschrott auf den elften Platz zurück. China lieferte 2022 rund 130.000 Tonnen Rohmetall und Halbzeug nach Deutschland. Das ist zwar 45 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, aber immer noch 17 Prozent weniger als im Rekordjahr 2019. Nicht zuletzt wurden Importe aus China in den Jahren 2020 bis 2022 durch logistische Herausforderungen im Rahmen der Pandemie erheblich behindert. Gleichzeitig haben chinesische Konzerne in den letzten Jahren verstärkt in deutsche Halbzeughersteller investiert. Insgesamt hat sich der Schwerpunkt der NE-Metall- und Halbzeugeinfuhren aus China seit 2019 etwas verschoben. So wurden 2022 zwar noch 81.000 Tonnen Aluminiumhalbzeug (einschließlich Folien) eingeführt, das war jedoch 31 Prozent weniger als drei Jahre zuvor. Hingegen wurden knapp 17.000 Tonnen Kupferhalbzeug importiert, das war im selben Zeitraum annähernd doppelt so viel. Aktuell hat China Exportbeschränkungen für Technologiemetalle wie Gallium erlassen. Jede Anpassung der Im- und Exportpolitik folgt der chinesischen Strategie, ein technologisch führendes Industrieland zu werden und auf dieser Grundlage seinen politischen Einfluss in der Welt zu erhöhen. Chinas Null-Covid-Strategie und – nach deren Beendigung – eine massive Infektionswelle beeinträchtigten das Wirtschaftswachstum 2022 immens (plus drei Prozent). Im laufenden und im kommenden Jahr dürfte sich die wirtschaftliche Dynamik wieder auf 5,2 Prozent beziehungsweise auf 4,5 Prozent erhöhen.

Oliver Eisenberg, Leiter Marktanalyse & Wirtschaft, Kupferverband e.V.

Veröffentlicht im November 2022