2022

Die Entwicklung in den Abnehmerindustrien

Die nächsten Stufen der industriellen Wertschöpfung: Die Nichteisen-Metallindustrie beliefert alle Schlüsselindustrien der Energie- und Mobilitätswende mit recyclebaren Vorprodukten und bildet somit die Basis resilienter Wertschöpfungsketten in einer Kreislaufgesellschaft.

Aluminium, Kupfer, Zink, Blei, Nickel, Magnesium und Zinn sowie ihre Legierungen sind für den Industriestandort Deutschland für eine erfolgreiche Transformation zur Klimaneutralität unverzichtbar. Hauptabnehmer ist der Fahrzeugbau (Automobile, Schienenfahrzeuge sowie die Luft- und Raumfahrt), gefolgt von der Bau-, der Elektro- und Digitalindustrie sowie dem Maschinen- und Anlagenbau. Daneben ist die Chemieindustrie ein weiterer wichtiger Abnehmer von NE-Metallen. Insgesamt konnten 2022 eine dynamische Elektro- und Digitalindustrie sowie eine robuste Nachfrage aus dem Maschinen- und Anlagenbau eine weiterhin vergleichsweise niedrige Nachfrage aus der Automobilindustrie und dem Flugzeugbau bei gleichzeitig einsetzender Rezession in der Bauindustrie nicht kompensieren.

Automobilindustrie

Etwa 30 Prozent aller Erzeugnisse aus NE-Metallen werden im Fahrzeugbau eingesetzt. Die Elektrifizierung in der Automobilindustrie bietet neue Anwendungsbereiche, für die sich NE-Metalle mit ihren Eigenschaften besonders eignen. Hierbei erarbeitet die NE-Metallindustrie gemeinsam mit den Automobilherstellern, -zulieferern und Batterieherstellern innovative Lösungen. 44 Prozent des in Deutschland verarbeiteten Aluminiums werden im Verkehrssektor, schwerpunktmäßig im Fahrzeugbau, verwendet. Durch seine Leichtigkeit in Kombination mit seiner Leitfähigkeit eignet sich Aluminium für Konstruktionsteile, Getriebe und Motoren sowie zur Herstellung von Batteriekomponenten, von der Batteriezelle bis zum vollständig integrierten Fahrzeugsystem, von der Kathodenfolie bis zum Gehäuse. Der Anteil an Kupferprodukten, die in der Automobilbranche verbaut werden, liegt bei neun Prozent. Neben dem konventionell angetriebenen Pkw, der mit etwa 25 Kilogramm Kupfer auskommt, weisen reine Elektroautomobile einen Kupferbedarf von etwa 70 Kilogramm aus. Bei Bussen erhöht sich der Einsatz auf 200 bis 300 Kilogramm pro Fahrzeug. Zusätzlich spielt Kupfer beim Aufbau der Ladeinfrastruktur eine wichtige Rolle. Rund drei Viertel des in Deutschland verwendeten Bleis fließen in die Herstellung von Blei-Säure-Batterien. Ein Großteil dieser Batterien wird in der Automobilindustrie verbaut. Pro Fahrzeug werden aktuell zudem etwa zehn Kilogramm Zink verwendet.

Lage und Prognose

Fehlende Halbleiter waren noch im Jahr 2021 maßgeblich für das niedrigste Produktionsvolumen der deutschen Automobilindustrie seit 1975. Nachdem sich die Verfügbarkeit von Halbleitern allmählich verbesserte, wirkte sich 2022 der Krieg in der Ukraine auf Lieferketten und Weltkonjunktur aus. So führten fehlende Kabelbäume im März vorigen Jahres vorübergehend zu einem Anstieg von Kurzarbeit in der Branche. Im Ergebnis stieg die Inlandsproduktion im vergangenen Jahr immerhin um elf Prozent auf 3,4 Millionen Pkw. Entsprechend wuchs auch der Export um zehn Prozent auf 2,6 Millionen Pkw. Die Neuzulassungen von Elektro-Pkw im weiteren Sinne (Batterie-, Plug-in-Hybrid- und Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge) stiegen sogar sehr deutlich um 22 Prozent auf 833.000 Fahrzeuge. Der Anteil von Elektro-Pkw an den Pkw-Gesamtneuzulassungen in Deutschland lag damit bei 31 Prozent. In der Automobilindustrie einschließlich ihrer Zulieferer litten Ende 2022 gemäß ifo Institut, München, etwa 75 Prozent der Unternehmen unter Materialknappheit, 36 Prozent unter Personalmangel, aber nur 16 Prozent unter Auftragsmangel. Zuletzt (Juli 2023) hat sich die Versorgungslage weiter verbessert (Materialmangel: 54 Prozent). Hingegen verzeichneten ein Drittel der Befragten Auftragsmangel.

Für 2023 rechnet der Verband der Automobilindustrie mit einer Erholung der Inlandsproduktion um neun Prozent auf 3,8 Millionen Pkw.

Bauwirtschaft

Im Bauwesen, der zweitgrößten Abnehmerbranche, wird eine Vielzahl von Metallen in reiner Form oder als Legierung verwendet. NE-Metalle sind langlebig, leicht zu verarbeiten und korrosionsbeständig. Im Hochbau sind es Dächer und Fassaden, die aus Aluminium, Kupfer oder Zink ausgeführt werden. Die deutsche Aluminium- und Kupferindustrie lieferten im vorigen Jahr jeweils rund 15 Prozent ihrer Erzeugnisse in die Baubranche. Aluminium wird für Fenster- und für Türrahmen sowie für Leichtbauelemente eingesetzt. Ein Großteil dieser Produkte ist farbbeschichtet. Kupfer wird im Gebäude als Installationsrohr für die Wasserverteilung und für Wärmetauscher sowie am Gebäude als Regenrinne und Regenfallrohr verwendet. Messing spielt eine bedeutende Rolle bei Sanitärzubehör. Neben Bedachungen wird ein Großteil des Zinks in feuerverzinkten Produkten im Hochbau als Geländer, Treppe, Zaun, Tor oder Balkon sowie im Tiefbau als Straßenleitplanke, Laterne etc. verwendet. Blei wird als Werkstoff im Außenbereich eingesetzt. Es eignet sich insbesondere zur Ausführung von Verwahrungen und Anschlüssen. Auch komplette Dächer werden mit Blei gedeckt – beispielsweise das Dach des Kölner Doms.

Lage und Prognose

2022 steigerte das deutsche Bauhauptgewerbe seinen Umsatz um elf Prozent auf 160 Milliarden Euro. Jedoch führten ein ausgeprägter Mangel an Baumaterial und sehr hohe Energiekosten aufgrund des Krieges in der Ukraine zu stark gestiegenen Baumaterialpreisen. In Folge stiegen auch die Baupreise deutlich um 17 Prozent. Bereinigt um die gestiegenen Preise ergibt sich daraus ein Umsatzminus von 5,1 Prozent. Darunter wies der öffentliche Bau den deutlichsten preisbereinigten Umsatzrückgang mit minus 6,2 Prozent aus. Bund, Länder und Gemeinden wollten oder konnten ihre Investitionsbudgets nicht entsprechend der gestiegenen Baupreise erhöhen. Daneben verzeichneten auch Wohnungs- und Wirtschaftsbau reale Umsatzrückgänge von 4,7 Prozent beziehungsweise 4,4 Prozent. Gleichzeitig auftretende Steigerungen von Baupreisen und Hypothekenzinsen verunsicherten private und gewerbliche Investoren und ließen die Baunachfrage spürbar zurückgehen.

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie rechnet für 2023 mit einem weiteren preisbereinigten Umsatzrückgang von insgesamt sechs Prozent im Vorjahresvergleich. Darunter dürften Wohnungsbau und öffentlicher Bau reale Rückgänge um neun Prozent beziehungsweise fünf Prozent verzeichnen. Dank größerer Aufträge der Deutschen Bahn im Tiefbau dürfte das Minus im Wirtschaftsbau mit preisbereinigt vier Prozent etwas geringer ausfallen.

Elektro- und Digitalindustrie

Mehr als 50 Prozent aller Produkte aus Kupfer und Kupferlegierungen gehen in die Elektro- und Digitalindustrie, einschließlich der Kabelindustrie sowie der Informationstechnologie und Telekommunikation. In den letzten Jahren kamen neue Anwendungen durch die Digitalisierung als Wachstumstreiber hinzu. Die fortschreitende Elektrifizierung der Fahrzeuge bis hin zum batterieelektrischen Antrieb sowie der Aufbau der hierfür notwendigen Ladeinfrastruktur sind weitere Faktoren, die zukünftig eine Zunahme an Kupferprodukten erwarten lassen. Bei Energieleitungen hat der Kupferdraht einen Anteil von etwa 70 Prozent. Im Hochspannungsbereich der Übertragungsnetze spielt Aluminium eine bedeutende Rolle. Annähernd drei Viertel des in Deutschland verwendeten Bleis gehen in die Herstellung von Blei-Säure-Batterien. Kabelummantelungen aus Blei werden für Unterwasser-Seekabel verwendet. Bronzelegierungen sind wegen ihrer hohen Festigkeit gut geeignet für Steckverbinder – nicht zuletzt im Automobil, sondern auch im Anlagenbau. Der Wechsel zugunsten Nickel-intensiverer Batterietechnologien dürfte langfristig Wachstumstreiber für die Nickelnachfrage bleiben. Absatzmärkte wie Medizintechnik, smarte Gebäude, Industrie 4.0, Energie (-effizienz) und Elektromobilität bieten Potenzial für zukünftiges Wachstum.

Lage und Prognose

2022 wies die deutsche Elektro- und Digitalindustrie ein vergleichsweise dynamisches Wachstum der preisbereinigten Produktion um 3,7 Prozent gegenüber 2021 aus. Der Auftragseingang wuchs im vorigen Jahr insgesamt um 10,2 Prozent. Aufträge aus den Euroländern zeigten sich mit einem Plus von 15,3 Prozent am dynamischsten. 2022 wurde mit einem Wachstum von 8,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 245,8 Milliarden Euro ein neuer Exportrekord erzielt. Maßgeblich trug hierzu eine ausgesprochen dynamische Nachfrage aus dem zweit-, dritt- und viertgrößten Auslandsmarkt, den Vereinigten Staaten (plus 23,8 Prozent), Frankreich (plus 8,8 Prozent) und den Niederlanden (plus 18,6 Prozent) bei. Auf der Importseite nahm die Bedeutung Chinas, dem größten Lieferanten von Elektroprodukten mit einem Anteil von mittlerweile 32 Prozent, weiter zu. Die Vereinigten Staaten steigerten ihre Exporte nach Deutschland um 23,8 Prozent und sind mittlerweile nach Polen der drittwichtigste Lieferant von Elektroprodukten. Zum Jahresende 2022 ging die Kapazitätsauslastung gemäß ifo Institut, München, leicht auf 88,2 Prozent zurück. Die Produktion wurde überwiegend durch Materialknappheit (78 Prozent der Befragten aus der Branche) und Fachkräftemangel (51 Prozent) beeinträchtigt.

Für 2023 erwartet der ZVEI ein Wachstum der Produktion von ein bis zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Maschinen- und Anlagenbau

Aluminium wird wegen seines geringen spezifischen Gewichts bei beweglichen Teilen im Maschinenbau verwendet. Rohre aus Kupfer und Kupferlegierungen oder aus Aluminium spielen aufgrund ihrer Wärmeleitfähigkeit bei der Herstellung von Kühl- und Wärmeanlagen eine wichtige Rolle. Meerwasser-Entsalzungsanlagen sind ohne die Eigenschaften von Produkten aus Kupfer und seinen Legierungen kaum denkbar. Messing wird überwiegend bei Sanitär- und Industriearmaturen, beispielsweise in der Lebensmittelindustrie, eingesetzt. Blei wird im Schall- und Strahlenschutz sowie im Anlagen- und Behälterbau als Auskleidung verwendet, um den Konstruktionswerkstoff vor aggressiven Säuren zu schützen. Die Anwendungsgebiete korrosionsbeständiger Werkstoffe aus Nickel und Nickellegierungen, die einen Nickelgehalt über 32 Prozent aufweisen, finden sich beispielsweise im Großanlagenbau der Chemie-, Öl-, Gas- und Energieindustrie.

Lage und Prognose

2022 wurden global Maschinen und Anlagen für schätzungsweise 3,4 Billionen Euro hergestellt, so der VDMA. Das dürften zwölf Prozent mehr als 2021 gewesen sein. Auf das größte Herstellerland China allein entfielen davon 1,2 Billionen Euro Umsatz. Nach den Vereinigten Staaten folgte Deutschland mit rund 354 Milliarden Euro auf Platz drei. Im Inland verlangsamte sich das Wachstum der preisbereinigten Produktion des Maschinen- und Anlagenbaus 2022 auf 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr – nach einem Plus von 6,5 Prozent 2021. Der preisbereinigte Auftragseingang wies im Vorjahresvergleich bereits ein Minus von vier Prozent aus. Ende des vergangenen Jahres waren gemäß ifo Institut, München, die Kapazitäten der Maschinen- und Anlagenbauer mit etwa 89 Prozent immer noch besser als im langfristigen Durchschnitt ausgelastet. Die Exporte gingen 2022 preisbereinigt um 1,3 Prozent zurück, die Einfuhren hingegen stiegen um 3,9 Prozent, wenngleich diese weniger als die Hälfte des Ausfuhrvolumens ausmachten. Sorgen bereiteten den Herstellern Ende vorigen Jahres überwiegend noch die Materialknappheit (82 Prozent der Befragten aus der Branche) bei gleichzeitigem Fachkräftemangel (47 Prozent). Bis zuletzt (Juli 2023) hat sich zumindest die Materialversorgung deutlich verbessert. So waren von Materialmangel nur noch 42 Prozent der Unternehmen betroffen.

In Anbetracht des veränderten konjunkturellen Umfeldes erwartet der VDMA für 2023 nurmehr einen preisbereinigten Rückgang der Produktion um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Verwendung
Nichteisen-Metalle

Verwendung
Aluminium

Verwendung Kupfer

Verwendung Zink

Verwendung Blei

Verwendung Nickel

Verwendung Zinn

Oliver Eisenberg, Leiter Marktanalyse & Wirtschaft, Kupferverband e.V.

Veröffentlicht im November 2023