2021

Weltwirtschaft: Erholung stresst Lieferketten

Die Lage der Weltkonjunktur: Im zweiten Jahr der Pandemie 2021 setzte sich die weltwirtschaftliche Erholung insgesamt fort, wenn auch mit unterschiedlichem Konjunkturverlauf in den einzelnen Regionen. Eine pandemiebedingte Verlagerung der aufgestauten Konsumnachfrage von personennahen Dienstleistungen hin zu Waren bei gleichzeitig sehr niedrigen Lagerbeständen in der Industrie und der Sorge vor andauernden Lieferengpässen stresste die weltweiten Lieferketten zusätzlich und sorgte bereits seit Frühjahr 2021 für steigende Inflationsraten. In der Europäischen Union kühlte die Konjunktur im vierten Vorjahresquartal im Zuge einer vierten Corona-Infektionswelle (Delta-Variante) abermals deutlich ab. Der Ausblick auf 2022 und 2023 ist stark vom Krieg in der Ukraine belastet.

Weltwirtschaftswachstum*

Tiefergehende Informationen zur Weltkonjunktur erhalten Sie beim Internationalen Währungsfonds im World Economic Outlook.

Die wirtschaftliche Lage Deutschlands wird zweimal jährlich in der Gemeinschaftsdiagnose analysiert.

Ausblick: Im August 2022, ein halbes Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, blieb die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe gemäß ifo schlecht. Die aktuelle Lage wurde von den Befragten zum dritten Mal in Folge schlechter als im Vormonat, aber dennoch überwiegend positiv beurteilt. Gleichzeitig fielen die Erwartungen der Unternehmer weniger pessimistisch aus. Die Auftragsbestände waren leicht rückläufig. Besonders deutlich hat sich die Stimmung in der chemischen Industrie verschlechtert. So wurde die aktuelle Lage erstmals seit September 2020 negativ beurteilt. Gleichzeitig waren die Erwartungen so pessimistisch wie seit 1991 nicht mehr. Im Bauhauptgewerbe verbesserte sich die Lage etwas. Zudem ging der Pessimismus bezogen auf die kommenden Monate ein wenig zurück.

Außenhandel
der Nichteisen-Metallindustrie

Export 2021 nach Ländern

Die Europäische Union blieb 2021 die bedeutendste Absatzregion für in Deutschland hergestelltes Rohmetall und Halbzeug. 87 Prozent des Branchenumsatzes, rund 57,5 Milliarden Euro, wurden im europäischen Binnenmarkt (einschließlich Deutschlands) erzielt. Von den Exporten der deutschen NE-Metallindustrie wurden 71 Prozent in EU-Partnerländer geliefert. In der Europäischen Union wuchs das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt 2021 dynamisch um 5,4 Prozent, so der Internationale Währungsfonds. Für das laufende Jahr wird mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 2,8 Prozent gerechnet. 2023 dürfte das Bruttoinlandsprodukt um 1,6 Prozent wachsen. Im Juli 2022 läutete die EZB mit einer Erhöhung des Leitzinses auf 0,5 Prozent die Zinswende ein. Zuvor verharrte der Leitzins seit März 2016 auf dem seit Einführung des Euro historisch niedrigsten Zinsniveau von 0,00 Prozent. Der Euro verlor im Jahresverlauf 2021 gegenüber dem US-Dollar annähernd acht Prozent seines Wertes und lag zum Jahresende bei 1,13 US-Dollar je Euro.

Österreich blieb 2021 auf dem ersten Platz im Exportländer-Ranking der deutschen NE-Metallindustrie. Die dortige Volkswirtschaft erholte sich im vorigen Jahr mit einem Wachstum von 4,5 Prozent nur vergleichsweise moderat. Der Rohmetall- und Halbzeugexport nach Österreich stieg um neun Prozent auf 388.000 Tonnen. 28 Prozent davon waren Rohaluminium sowie 18 Prozent Rohkupfer (einschließlich Kupfergusslegierungen) und Gießwalzdraht.

Nach Italien wurden 336.000 Tonnen NE-Metalle geliefert, zwei Prozent mehr als im Jahr davor. Darunter entfielen 36 Prozent auf Kupferhalbzeug (überwiegend Gießwalzdraht, Messingstangen und Kupferband) sowie gut ein Drittel auf Aluminiumhalbzeug (zum Großteil Bleche und Bänder) und Aluminiumfolien. Italien spielt mit seiner starken metallverarbeitenden Industrie seit jeher eine bedeutende Rolle als Absatzmarkt für Halbzeug. Mittlerweile wurden auch etwa zehn Prozent Rohkupfer (einschließlich Kupfergusslegierungen) nach Italien geliefert. Nach einer Erholung der italienischen Volkswirtschaft um 6,6 Prozent im Jahr 2021 dürfte sich das Wachstum in den nächsten zwei Jahren auf drei Prozent beziehungsweise 0,7 Prozent verlangsamen.

Frankreich fragte im vergangenen Jahr mit 294.000 Tonnen 13 Prozent mehr Rohmetall und Halbzeug nach als 2020 und blieb damit der drittgrößte Exportmarkt für die deutsche NE-Metallindustrie. Die Ausfuhren nach Frankreich setzten sich zu 30 Prozent aus Aluminiumblechen und -bändern, zu 13 Prozent aus Aluminiumfolien und zu zwölf Prozent aus Rohaluminium zusammen. Bleche und Bänder aus Kupfer und Kupferlegierungen spielten mit einem Anteil von ebenfalls zwölf Prozent auch eine bedeutende Rolle. Die Konjunktur im Nachbarland wies 2021 ein Wachstum von 6,8 Prozent aus. In den folgenden beiden Jahren dürfte die französische Volkwirtschaft nurmehr Wachstumsraten von 2,3 Prozent beziehungsweise ein Prozent erreichen.

Die Vereinigten Staaten rückten 2021 als bedeutendste Zielregion außerhalb Europas vor auf Rang neun der wichtigsten Exportmärkte für die Branche. Fünf Prozent der Ausfuhren von Rohmetall und Halbzeug wurden dorthin geliefert. Mit 182.000 Tonnen im vergangenen Jahr waren das 30 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und sogar etwas mehr als 2019. Die Vereinigten Staaten spielten insbesondere als Absatzmarkt für Halbzeug eine große Rolle. 39 Prozent der Branchenexporte waren aus dem Bereich Aluminium und weitere 36 Prozent stammten aus der Kupferindustrie. Die Vereinigten Staaten wiesen 2021 ein solides Wirtschaftswachstum von 5,7 Prozent aus. Maßgeblich hierfür war ein deutlicher Anstieg des privaten Konsums (plus 7,9 Prozent), der zu rund 70 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten beiträgt. Mit Zuspitzung der Coronakrise senkte die US-Notenbank den Leitzins im März 2020 auf einen Zinskorridor zwischen 0,00 und 0,25 Prozent. Mit zunehmender Inflationsgefahr wurde der Leitzins seit März 2022 viermal erhöht auf einen Zinskorridor zwischen 2,25 und 2,5 Prozent im Juli 2022. 2022 dürfte die US-Wirtschaft nur mehr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 2,3 Prozent abschließen. Im nächsten Jahr wird mit einem Wachstum von einem Prozent gerechnet.

Das Vereinigte Königreich war 2021 nur noch der zehntwichtigste (2018 der wichtigste) Auslandsmarkt für die deutsche NE-Metallindustrie. Die Ausfuhr in das Vereinigte Königreich brach 2021 um weitere 24 Prozent gegenüber 2020 auf 154.000 Tonnen ein. Die Einfuhr von dort nach Deutschland hingegen stieg um zehn Prozent auf 237.000 Tonnen. Ein Großteil der Exporte war Halbzeug – überwiegend Aluminium (72 Prozent). Zum 1. Februar 2020 trat das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union aus. Nach Ablauf einer Übergangsphase schied das Vereinigte Königreich zum 1. Januar 2021 aus dem EU-Binnenmarkt und der EU-Zollunion aus. Damit wandelte sich das Verhältnis der EU zum Vereinigten Königreich unabhängig vom neuen Handels- und Kooperationsabkommen grundlegend. Dieses neue Abkommen wurde seit dem 1. Januar 2021 vorläufig angewandt und trat am 1. Mai 2021 in Kraft. Anfang 2021 beeinträchtigten neue Zollformalitäten bei gleichzeitigen EU-Maßnahmen zur Verhinderung einer schnellen Ausbreitung der Alpha-Variante des Coronavirus den Handel mit dem Vereinigten Königreich deutlich. Das britische Wirtschaftswachstum lag 2021 bei 7,4 Prozent. Für die kommenden beiden Jahre werden Wachstumsraten von plus 3,2 Prozent beziehungsweise plus 0,5 Prozent erwartet.

China hat durch seine riesige Nachfrage nach Rohstoffen (Erzen und Konzentraten), und nach Rohmetallen sowie seinen hohen Anteil an der globalen Produktion von Rohmetall und Halbzeug einen enormen Einfluss auf den Weltmarkt für Metalle. Sorgen bereiten die hohen Überkapazitäten in der Aluminiumindustrie. Zudem fordern chinesische Wettbewerber die heimische weiterverarbeitende Industrie zunehmend heraus. Die deutsche NE-Metallindustrie hat in China investiert, um Abnehmer vor Ort zu beliefern. Daher spielt China für den deutschen Export von Rohmetall und Halbzeug nur eine relativ unbedeutende Rolle. So wurden 2021 gerade einmal 73.000 Tonnen nach China ausgeführt. Das waren sogar zwei Prozent weniger als im ersten Jahr der Pandemie 2020. Seit 2017 wurden die Vorschriften für chinesische Schrotteinfuhren mehrfach verschärft. Besonders minderwertige Schrottqualitäten der Kategorien sechs und sieben sind in China nicht mehr gefragt. Dementsprechend brachen die deutschen Exporte von NE-Metallschrotten nach China in den darauffolgenden Jahren immer weiter ein. Zuletzt stabilisierten sich die Exporte auf niedrigem Niveau und verzeichneten 2021 sogar einen kleinen Mengenzuwachs auf 68.000 Tonnen (plus zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr). Insgesamt ging Chinas Bedeutung innerhalb von vier Jahren vom vormals größten zum achtgrößten Auslandsmarkt für deutsche NE-Metallschrotte zurück. Infolge des Handelskonfliktes mit den Vereinigten Staaten wurde chinesisches Halbzeug auf den europäischen Markt umgelenkt. Diese Entwicklung erreichte 2019 in Deutschland mit über 156.000 Tonnen vorerst ihren Höhepunkt. Infolge der logistischen Herausforderungen im Rahmen der Pandemie gingen die Einfuhrmengen bis 2021 vorerst deutlich zurück auf 88.000 Tonnen, zumal chinesische Konzerne in den letzten Jahren verstärkt in deutsche Halbzeughersteller investiert haben. Insgesamt hat sich der Schwerpunkt der NE-Metall- und Halbzeugeinfuhren aus China seit 2019 etwas verschoben. So wurden 2021 zwar noch 51.000 Tonnen Aluminiumhalbzeug (einschließlich Folien) importiert, das war jedoch weniger als die Hälfte als zwei Jahre zuvor. Hingegen wurden knapp 12.000 Tonnen Kupferhalbzeug eingeführt, das waren im selben Zeitraum 38 Prozent mehr. Im zweiten Jahr der Pandemie 2021 zeigte sich Chinas Wirtschaft mit einem deutlichen Wachstum von 8,1 Prozent bereits wieder sehr dynamisch. Die jüngsten Corona-Ausbrüche in China in Verbindung mit der Null-Covid-Strategie wirken sich aber bereits negativ auf die Wirtschaft aus und sind ein hohes Risiko für die internationalen Lieferketten. So dürfte sich das Wachstum im laufenden Jahr auf 3,3 Prozent verlangsamen und im kommenden Jahr wieder auf 4,6 Prozent steigen.

Oliver Eisenberg, Leiter Marktanalyse & Wirtschaft

Veröffentlicht im September 2022