01
Editorial

BEREIT FÜR VERÄNDERUNG

Dr. Michael Niese
Hauptgeschäftsführer der WVMetalle 

Die Krisen unserer heutigen Zeit bringen für unsere Unternehmen und staatlichen Institutionen große Herausforderungen mit sich. Diese gilt es mit stetiger Anpassungsfähigkeit zu bewältigen – auch im Hinblick auf eine starke EU-Industriepolitik.

„Wir haben bereits vieles geändert, fallengelassen und neu aufgebaut. Daraus wächst die Zuversicht, dass wir uns weiter verändern und anpassen können.“

Das Thema Zukunftsfähigkeit ist in aller Munde. Doch manchmal wird sie erst sichtbar, wenn man in den Rückspiegel schaut – zum Beispiel bis in das Jahr 2009.

Mitten in der Finanzmarktkrise war alles in Gefahr: das Bankensystem, unsere Währung und folglich auch die Industrieunternehmen und unsere Arbeitsplätze, kurzum unser gesamter Wohlstand. Wer hätte es gewagt, in dieser schweren Zeit vorherzusagen, dass wir einen wirtschaftlichen Aufschwung über mehr als zehn Jahre hinweg erleben werden? Und wer hätte geahnt, dass weitere, ähnlich schwerwiegende Krisen folgen werden, bis zum heutigen Tag? Ganz zu schweigen von der Verschärfung globaler Megatrends: Klimawandel, abnehmende Integration der Weltwirtschaft, die Rückkehr geopolitischer Krisen und eine schrumpfende Stabilität unserer freiheitlichen Demokratie.

Diese Veränderungen warten nicht auf die Anpassungsgeschwindigkeit unserer Unternehmen und staatlichen Institutionen. Die Welt um uns herum gibt Gas, allerdings nur zum Teil in die richtige Richtung.

Daher ist Flexibilität und Veränderungsbereitschaft das Gebot der Stunde. Und hierbei hilft uns der Rückspiegel. Wir haben bereits vieles geändert, fallengelassen und neu aufgebaut. Daraus wächst die Zuversicht, dass wir uns weiter verändern und anpassen können. Und es wächst die Erkenntnis, dass wir schleunigst alles hinterfragen und zurückdrängen sollten, was die Anpassungsfähigkeit bremst und teuer macht.

In vielen Lebensbereichen haben wir seit 2009 die Marktwirtschaft zurückgedrängt. Wettbewerb wurde durch Vorschriften und deren Kontrollen ersetzt.

Die Chiffre für diesen Trend heißt Bürokratie. Wir werden dieses Monster nur zähmen, wenn wir es weniger füttern. Das heißt: weniger Vorschriften, weniger Detailregelungen, weniger Berichtspflichten, und zwar vom Staat und von der Wirtschaft.

Das ist unser dringendes Plädoyer, insbesondere mit Blick auf die neue Europäische Kommission. Denn eine Vielzahl der Regulierungen findet ihren Ursprung in europäischen Verordnungen und Richtlinien. Mit dem Willen zur Umsetzung einer EU-Industriepolitik, die diesen Namen verdient, steht und fällt die Perspektive unserer Branche.

Auch deshalb steht der WVMetalle-Geschäftsbericht ganz im Zeichen von Europa.
Wir sind überzeugte Europäerinnen und Europäer und möchten mit dieser Publikation unseren Beitrag leisten, Europa wieder zu stärken. Denn eine prosperierende Industrie ist ein wichtiger Baustein hierfür.

„Mit dem Willen zur Umsetzung einer EU-Industriepolitik, die diesen Namen verdient, steht und fällt die Perspektive unserer Branche.”