Die jüngsten Wahlen zum Europäischen Parlament haben zwar Veränderungen in der politischen Landschaft Europas bewirkt, allerdings ist mit Kontinuität in der inhaltlichen Arbeit zu rechnen. Ein Blick auf die Institutionen Parlament, Kommission und Rat sowie Erwartungen und Wünsche für die nächste Legislaturperiode (2024-2029).
Trotz der gestärkten Ränder bleibt die politische Mitte für die nächsten fünf Jahre die dominante Kraft im Parlament. Die WVMetalle wird sich auch künftig für eine konstruktive Zusammenarbeit auf europäischer Ebene einsetzen. Dabei begrüßen wir die Aufwertung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) durch eine Vergrößerung ihrer Mitgliederzahl von 78 auf 90 Parlamentarier*innen und sehen dies als positives Zeichen für eine hoffentlich starke künftige Industriepolitik.
Europäische Volkspartei (EVP)
Sie hat die Wahlen wieder eindeutig gewonnen, stellt die meisten Abgeordneten, was ihre politische Agenda stärkt und ihr eine entscheidende Rolle in der Gesetzgebung ermöglicht.
Europäische Konservative und Reformer
Die extremen politischen Strömungen haben auf beiden Seiten an Stärke gewonnen, was zu einer erhöhten Fragmentierung des Parlaments führt. Rechts der konservativen Europäischen Volkspartei gibt es erstmals drei Fraktionen.
Patrioten für Europa
Die extremen politischen Strömungen haben auf beiden Seiten an Stärke gewonnen, was zu einer erhöhten Fragmentierung des Parlaments führt. Rechts der konservativen Europäischen Volkspartei gibt es erstmals drei Fraktionen.
Europa der Souveränen Nationen
Die extremen politischen Strömungen haben auf beiden Seiten an Stärke gewonnen, was zu einer erhöhten Fragmentierung des Parlaments führt. Rechts der konservativen Europäischen Volkspartei gibt es erstmals drei Fraktionen.
Fraktionslos
Der Einfluss von fraktionslosen Abgeordneten ist gering. Sie erhalten kaum Verantwortung, weniger Mitarbeitende und Redezeit.
Die Linke
Die extremen politischen Strömungen haben auf beiden Seiten an Stärke gewonnen, was zu einer erhöhten Fragmentierung des Parlaments führt.
Sozialdemokraten (S&D)
Bleiben hinter der Europäischen Volkspartei als zweitstärkste Fraktion, auf ähnlichem Niveau wie nach der letzten Wahl.
Grüne
Diese wurden europaweit abgestraft, was zu einem deutlichen Verlust an Sitzen führte und ihre Einflussmöglichkeiten einschränkt.
Liberale Parteien (Renew Europe.)
Diese wurden europaweit abgestraft, was zu einem deutlichen Verlust an Sitzen führte und ihre Einflussmöglichkeiten einschränkt.
Von der Leyens erste Amtszeit
Diese war geprägt vom Europäischen Green Deal, der als Wachstumsprogramm gedacht war, aber oftmals zu mehr Bürokratie und Verlust an Wettbewerbsfähigkeit geführt hat. Mit dem Green Industrial Plan zum Ende der vergangenen Legislaturperiode wurden erste Versuche hin zu einer besseren Industriepolitik unternommen.
Wiederwahl
Mit der Unterstützung ihrer EVP-Fraktion, der Sozialdemokraten (S&D), der Grünen und der Liberalen (ALDE) hat von der Leyen Mitte Juli 2024 die Mehrheit im Europäischen Parlament in Straßburg erhalten. Statt lediglich einem Vorsprung von acht Stimmen wie im Jahr 2019, kam sie diesmal auf eine stabile Mehrheit mit 41 Stimmen über der erforderlichen Mehrheit.
Neue wirtschaftsfreundliche EU-Agenda?
Den Politikbereichen Bürokratieabbau, Wettbewerbsfähigkeit, Industriepolitik und Mittelstand räumte die Kommissionspräsidentin in ihrer Bewerbungsrede vor dem Europäischen Parlament und in den veröffentlichten Prioritäten der Kommission viel Platz ein.
Die Ankündigungen klingen vielversprechend: Ein Kommissionsvize soll sich um Bürokratieabbau kümmern, ein Clean Industrial Deal soll in den ersten 100 Tagen der Amtszeit vorgelegt werden, eine neue Definitionskategorie für Mid-Cap KMUs eingeführt und REACH vereinfacht werden. Außerdem möchte die Kommission weitere Rohstoffpartnerschaften schließen und – ganz wichtig – sie will sich für niedrigere Energiepreise einsetzen und bei der Wettbewerbspolitik die Globalisierung stärker berücksichtigen. Der Green Deal soll dabei aber nicht zurückgedreht werden; an den ambitionierten Klimazielen wird festgehalten.
Neue Kommission in den Startlöchern
Am 17. September war es so weit: Die Kommissionspräsidentin stellte ihr mögliches Kabinett vor und plant in ihrer zweiten Amtszeit die Behörde kräftig umzubauen. Alle Kommissare sollen sich um Vereinfachung und Umsetzung von EU-Recht, sprich Bürokratieabbau, kümmern. Zentraler EU-Kommissar für die Industrie wird der Breton-Nachfolger Séjourné. Der bisherige französische Außenminister und Macron-Vertraute soll ein großes Portfolio inklusive der Industrie- und Rohstoffpolitik verantworten. Eine besondere Relevanz könnte der „Steel and Metals Action Plan“ haben, den der Franzose ausarbeiten soll.
Doch das letzte Wort hat das Europäische Parlament: Im November finden Anhörungen und Abstimmungen statt und der Europäische Rat muss am Ende noch formell bestätigen. Die neue Kommission kann dann frühestens am 1. Dezember 2024 mit ihrer Arbeit beginnen.
Ungarische Ratspräsidentschaft
Am 1. Juli startete die ungarische Ratspräsidentschaft. Größere europapolitische Initiativen sind aber von der grundsätzlich EU-kritischen Regierung nicht zu erwarten. Auf hochrangige Ratstreffen im Gastland wird verzichtet. Ungarn übergibt am 1. Januar 2025 die Ratspräsidentschaft an Polen.
Neuer Ratspräsident Costa
Mit dem Sozialdemokraten und ehemaligen portugiesischen Ministerpräsidenten António Costa als neuem Ratspräsidenten verschieben sich die Mehrheiten im Rat. Frankreich, unter Staatspräsidenten Emmanuel Macron noch ein europapolitisches Zugpferd, ist durch die Ergebnisse der letzten Parlamentswahlen innenpolitisch geschwächt.
Übernimmt Deutschland mehr Verantwortung in Europa?
Einige Mitgliedstaaten und die Institutionen erwarten, dass Deutschland stärker seine Führungsrolle wahrnimmt. Doch 2025 stehen die Bundestagswahlen an, wodurch das kommende Jahr stark vom Wahlkampf geprägt sein wird. Es ist allerdings zu erwarten, dass die neue proeuropäische Regierung in Polen mehr Einfluss auf die Europapolitik nimmt. Damit sind weitere Verschiebungen der Mehrheiten im Rat möglich, das zeigen nicht zuletzt die Regierungswechsel in den Niederlanden.
Mehr als nur schöne Worte? Kommt es zum „NExt Level EU“?